Habe ich schon gesagt, dass ich ganz schön gemein sein kann? Nein? Aber aufgefallen ist es Ihnen bestimmt schon, weil ich gerne preiswerte Geräte gegen vermeintlich überlegene und wesentlich teurere antreten lasse. Das konnte ich mir natürlich auch bei Musical Fidelity’s M6i nicht verkneifen und habe ihn neben dem Moon i3.3 auch im Vergleich zum Gryphon Atilla gehört. Alle drei Verstärker lassen sich ja symmetrisch ansteuern, also stand dem direkten Vergleich mit Gryphon’s Scorpio CD-Player als Quelle und den Wilson Benesch A.C.T. als Lautsprecher nichts im Weg.
Was als erstes auffällt ist die Kontrolle und Kraft, die der M6i mitbringt. Genauso substantiell wie der Moon i3.3 hat er die Wilson Benesch bis in die tiefsten Lagen sicher im Griff und geht richtig nach vorne. Spielfreude, Offenheit und Kontrolle zeichnen sein Wesen aus. Im oberen Frequenzbereich hält er sich nicht zurück, sondern legt gern noch eine Schippe drauf, sodass man mit der Lautsprecherauswahl und der passenden Verkabelung aufpassen sollte, dass es nicht überbrilliant wird. Aber nervig oder scharf wird es trotzdem nicht, es ist also immer eine Portion Luft zum analytisch-kühlen gewahrt.
Was mich auch erstaunt und erfreut hat ist, wie frei von Nebengeräuschen (Rauschen, Brummen) der Verstärker trotz seiner enormen Leistung im kompakten Gehäuse spielt. Weder beim Ein- noch beim Umschalten macht er unfeine Nebengeräusche und auch an der wirkungsgradstärkeren Triangle Quatuor verhält er sich mustergültig.
Ein tolles Feature ist übrigens auch der USB-Eingang, über den man z.B. direkt mit seinem Mac- oder sonstigen Note-Book Verbindung aufnehmen kann. Solange die Musik nicht komprimiert sondern in hoher Auflösung auf dem Rechner liegt bekommt man so eine super reduzierte Musikanlage höchster Güte, ohne viele Kästchen, Kabel und den damit verbundenen Aufstell- und Anschlussproblemen. Ein Apple-Rechner lässt sich innerhalb von Sekunden mit dem M6i verbinden und Musik hören. Toll!
Für das geforderte Geld ist Anthony Michaelson aus meiner Sicht ein toller Wurf geglückt: ein musikalisches Gerät mit unglaublichen Leistungsreserven, das auch trotz der vielen Muskeln noch geschmeidig laufen kann.
Da frage ich mich glatt, was die Vor-/End-Kombination M6PRE und M6PRX da noch draufsetzen soll? Immerhin kostet sie das doppelte des Vollverstärkers (sind ja auch physisch genau das doppelte Volumen), hat ein bisschen mehr Leistung (260 gegenüber 200 Watt) und braucht doppelt so viele gute Netzkabel und ein zusätzliches Verbindungskabel.
Mir hat der Vergleich nur wieder mal gezeigt, dass ich wohl ein ausgemachter Fan von Vollverstärkern bin. Aus meiner Sicht hat er klar das bessere Preis-/Leistungs-Verhältnis, gibt sich klanglich keine Blöße gegenüber seinen getrennten Brüdern und ist erstaunlicherweise sogar noch etwas nebengeräuschärmer – trotz symmetrischer Verkabelung zwischen M6PRE und M6PRX.
Wahrscheinlich sind die Lautsprecher, die ich zur Verfügung habe, keine so furchtbar anspruchsvollen und komplexen Lasten, dass sich der Vorteil der Vor-/End-Kombi deutlicher zeigen könnte. Aber ich bin ja froh, dass die Lautsprecher nicht so zickig sind, kann ich so doch mit dem integrierten M6i für kleines Geld einen tollen Vollverstärker empfehlen, der für die allermeisten Lautsprecher-Lasten mehr als ausreichend ist.